Das Bundesarbeitsgericht hatte in zwei Parallelfällen über die Urlaubsberechnung im Falle von „Kurzarbeit null“ zu entscheiden. Unter „Kurzarbeit null“ versteht man einen Arbeitsausfall in Höhe von 100 %, d. h. die Arbeit wird für eine vorübergehende Zeit vollständig eingestellt. Diese jüngsten Entscheidungen des BAG dürften im Hinblick auf die große Anzahl an Kurzarbeiter, die mit der Corona-Pandemie einhergingen, erhebliche Praxisrelevanz aufweisen.
- BAG Urteil vom 30.11.2021 – 9 AZR – 225/21
In den vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall stritten die Parteien darüber, wie sich die kurzarbeitsbedingte Aufhebung der Arbeitspflicht an ganzen Arbeitstagen auf die Berechnung des Urlaubsanspruchs der Klägerin aus dem Jahr 2020 auswirkte. Arbeitsvertraglich stand der Klägerin ein jährlicher Erholungsurlaub von 28 Werktagen zu, wobei sich dieser am gesetzlichen Grundgedanken einer Sechstagewoche orientierte. Da die Klägerin vereinbarungsgemäß nicht sechs, sondern lediglich drei Tage pro Woche arbeitete, reduzierte sich ihr Jahresurlaub entsprechend um die Hälfte auf 14 Tage.
Nachdem die Klägerin in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 wegen „Kurzarbeit null“ durchgehend von der Arbeitspflicht befreit war, vollzog die beklagte Arbeitgeberin eine Neuberechnung des Urlaubs und kürzte den Jahresurlaub der klagenden Arbeitnehmerin von 14 Tagen um 2,5 auf 11,5 Tage. Mit ihrer Feststellungsklage wandte sich die Klägerin gegen die Neuberechnung/Kürzung ihres Jahresurlaubsanspruchs. Die Klägerin unterlag jedoch sowohl in erster als auch in zweiter Instanz.
Schließlich blieb die Klägerin auch vor dem Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg. Das BAG stützte sein Urteil im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, wonach die konkreten Zeiten der Kurzarbeit, in denen das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zwar fortbestehe, der Arbeitnehmer aber keine tatsächliche Arbeitsleistung für die Belange seines Arbeitgebers erbringe, bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs keine Berücksichtigung fänden. Die betroffenen Arbeitnehmer/Innen können sich schließlich während der Kurzarbeit ausruhen oder Freizeittätigkeiten nachgehen. Daher befänden sich diese nicht in einer mit arbeitsunfähig erkrankten Personen vergleichbaren Situation. Vielmehr seien Kurzarbeiter/Innen mit Teilzeitbeschäftigten vergleichbar, bei denen eine zeitanteilige Kürzung des Urlaubsanspruchs bereits seit längerem als gerechtfertigt angesehen werde.
- BAG Urteil vom 30.11.2021 – 9 AZR 234/21
In einem anderen vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall ging es neben der bereits angesprochenen Frage, ob der Jahresurlaub bei „Kurzarbeit null“ gekürzt werden darf, um die zu stellenden Anforderungen an eine Betriebsvereinbarung, zur wirksamen Einführung von Kurzarbeit. Grundvoraussetzung für angeordnete Kurzarbeit ist stets eine zuvor wirksame Einführung. Wurde die Kurzarbeit durch eine Betriebsvereinbarung eingeführt, muss diese nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten so deutlich regeln, dass Sie für den Arbeitnehmer zuverlässig zu erkennen sind. Dazu seien mindestens die Bestimmungen von Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Regelungen der Lage und Verteilung der Arbeitszeit sowie die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer erforderlich. Sofern eine Betriebsvereinbarung diesen Ansprüchen nicht genüge, sei diese unwirksam mit der Folge, dass Kurzarbeit nicht wirksam eingeführt worden wäre. In der zugrundeliegenden Entscheidung genügten die Betriebsvereinbarungen jedoch den dargestellten Anforderungen, sodass das Bundesarbeitsgericht die Betriebsvereinbarung als wirksam erachtete.
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