Das OLG Köln hat am 27.09.2024 eine Entscheidung getroffen, die in einem Punkt einen nicht alltäglichen Sachverhalt betraf:
Bei einem Mobilfunkunternehmen konnte eine Systemlücke dergestalt ausgenutzt werden, dass abgelehnte Vertragsaktivierungen im Nachhinein doch noch aktiviert und die Hardware freigegeben werden konnten. Es handelte sich also um einen Sonderfall eines Hardware- Fraud, den ein Mitarbeiter des klagenden Vertreters ebenso systematisch ausgenutzt und Hardware im Wert von ca. 160.000 € erschlichen hatte.
Das Unternehmen verrechnete den Betrag mit den laufenden Provisionen des Vertreters.
In dem Verfahren ging es unter anderem um diese Abzüge. Der Vertreter argumentierte, dass das Unternehmen nachweislich schon mindestens vier Monate von der Systemlücke und deren Ausnutzung in dieser Weise wusste, bevor es zu dem ersten Fall in seinem Shop kam, das Unternehmen aber keine entsprechende Warnung an die Vertreter herausgegeben hatte und daher ein überwiegendes Eigenverschulden des Unternehmens vorläge, welches die Schadensersatzansprüche desselben ausschließe.
Das Unternehmen argumentierte, eine Information an die Vertreter hätte dazu führen können, dass noch weitere diese Lücke ausnutzen könnten, weshalb ein Mitverschulden ausgeschlossen sei.
Das OLG hat salomonisch entscheiden, dass das Unternehmen ein hälftiges Mitverschulden trifft und daher die andere Hälfte der einbehaltenen Provisionen an den Vertreter plus Zinsen zu zahlen ist. Denn es bestand die Obliegenheit, die Vertreter als Vertragspartner zu informieren. Dabei hätte nicht detailliert preisgegeben werden müssen, wie der Betrug genau funktioniert, sondern man hätte nur auf die damit verbundenen Besonderheiten in der Buchhaltung hinweisen und die Vertreter anweisen müssen, diese zu beobachten und im Falle des Auftretens unverzüglich Bescheid zu sagen.
Da solche Urteile zum Mitverschulden nach § 254 BGB nicht häufig sind, ist es bemerkenswert und soll die Vertreter ermutigen, bei solchen Abzügen nicht klein beizugeben, sondern erst einmal zu prüfen, ob nicht auch das Unternehmen zu dem Schaden beigetragen hat.
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Rechtsanwalt Bernd Schleicher