Der BGH verhandelt derzeit einen Fall, bei welchem der Urlauber Anfang März 2020 noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie von seiner Reise nach Japan zurückgetreten ist und die vertraglich vereinbarte Stornopauschale in Höhe von 25 % des Reisepreises bezahlte. Nur wenige Wochen später wäre die Reise ohnehin nicht mehr möglich gewesen aufgrund des Ausbruchs der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Einreisebeschränkungen in Japan.
Vor dem BGH verlangt der Urlauber deshalb seine gezahlte Stornopauschale zurück.
Grundsätzlich können für den Fall des Reiserücktritts vor Reisebeginn Stornopauschalen wirksam vertraglich vereinbart werden. § 651h Abs. 1 BGB sieht vor, dass im Falle eines jederzeit möglichen Reiserücktritts vor Reisebeginn der Reiseveranstalter zwar den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis verliert, er jedoch eine angemessene Entschädigung verlangen kann. In Abs. 2 wird sodann festgehalten, dass hierfür angemessene Entschädigungspauschalen (=Stornopauschalen) vertraglich vereinbart werden können und wonach sich diese bemessen.
Als Ausnahme hiervon normiert Abs. 3, dass vom Reiseveranstalter eine solche Entschädigung nicht verlangt werden kann, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Ferner wird klargestellt, dass solche Umstände dann unvermeidbar und außergewöhnlich sind, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich darauf beruft, und sich ihre Folgen auch nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.
Dass es sich bei dem Ausbruch der Corona-Pandemie um einen solchen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand handeln dürfte, ist dabei weniger streitig als die Frage, ob für die rechtliche Bewertung der Berechtigung einer zu zahlenden Stornopauschale nach § 651h BGB ausschließlich auf den Zeitpunkt der Reiserücktrittserklärung abzustellen ist oder ob und inwieweit auch spätere Entwicklungen, hier der Ausbruch der Corona-Pandemie, zu berücksichtigen sind, die die Reise sowieso unmöglich gemacht hätten.
Der BGH tendiert bislang zu einer urlauberfreundlichen Ansicht, wonach auch spätere Umstände mitberücksichtigt werden können, wurde diese Frage nun aber dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Nach Ansicht des BGH hängt die Entscheidung über diese Frage und somit auch die Entscheidung über den Ausgang des Verfahrens von der Auslegung von Art. 12 Abs. 2 der europäischen Pauschalreise-Richtlinie ab (Nr. 2015/2302), welche die deutsche Regierung mit § 651h BGB fast wortgleich übernommen hat.
Sofern und sobald es hier eine Entscheidung des EuGH und entsprechend des BGH gibt, werden wir hierüber wieder berichten.
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Rechtsanwalt Tobias Eggebrecht