Im Blogbeitrag „Schwierigkeiten bei der Nachbeurkundung oder Ergänzung des Geburtenregisters“ vom 17.04.2023 hatten wir uns bereits mit den Schwierigkeiten und der Uneinigkeit der Gerichte bei der Eintragung eines Vaters in das Geburtenregister ohne Zustimmung der Kindsmutter beschäftigt.
In diesem Zusammenhang gibt uns nunmehr eine neue obergerichtliche Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Bamberg (Beschluss vom 26.01.2023), in dem sich das Oberlandesgericht Bamberg gegen die Entscheidung des Kammergerichts Berlin aus 2017 stellt und nach dem Tod der leiblichen Mutter die Vaterschaftsanerkennung für unmöglich erklärt, weil die Zustimmung der Mutter zur Anerkennung nicht mehr möglich ist. Damit gibt es nunmehr zumindest in Bayern die erste der Unterzeichnerin bekannte Entscheidung zu der Fallkonstellation, in der die Zustimmung der Mutter aufgrund deren Todes nicht mehr eingeholt werden kann. Das Oberlandesgericht Bamberg begründet seine Entscheidung damit, dass ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren für das Kind wegen der größeren Sicherheit günstiger sei und der Zweck des § 1595 BGB darin läge, die Statuswahrheit zu gewährleisten.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg führt nunmehr dazu, dass es noch mehr als zuvor zwei Meinungen gibt, die vor den unterschiedlichen Obergerichten vertreten werden.
Zum einen die Auffassung, dass nach dem Tod der Kindsmutter eine Vaterschaftsanerkennung nicht mehr in Betracht kommt und damit ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren durchgeführt werden muss, wobei Schwierigkeiten dann entstehen, wenn der anerkennungsbereite Vater tatsächlich nicht der leibliche Vater des Kindes ist. Diese Entscheidungen begründen sich darauf, dass die Zustimmung allein des Kindes keine gleichwertige Gewähr für die Richtigkeit der Anerkennung ergibt, und somit keine Gewährleistung der Statuswahrheit. Hinzu kommt nach dieser Auffassung, dass nach dem Tod der Mutter hohe Anforderungen an den Nachweis der Vaterschaft zu stellen sind, die weder im schlichten Anerkennungsverfahren vor dem Jugendamt, noch im standesamtlichen Verfahren im erforderlichen Umfang gewürdigt werden können. Damit scheidet nach dieser Auffassung, die u. a. durch das Landgericht Koblenz und nunmehr das Oberlandesgericht Bamberg sowie das Amtsgericht Ellwangen vertreten wird, eine Anerkennung der Vaterschaft mit dem Tod der Kindsmutter aus.
Eine andere Auffassung vertritt dagegen das Kammergericht Berlin. Das Kammergericht Berlin vertritt die Auffassung, dass mit dem Tode der Mutter das Zustimmungserfordernis der Mutter entfällt. Mithin ist auch nach dem Tod der Mutter ein Anerkennungsverfahren der Vaterschaft vor dem Jugendamt oder dem Standesamt möglich. Dabei ist es nach der Auffassung des Kammergerichts Berlin nicht notwendig die höchstpersönliche Erklärung der Mutter zu ersetzen, sondern vielmehr wird diese Erklärung der Kindsmutter durch den Tod schlicht entbehrlich. Die weitere Argumentation stützt sich darauf, dass das Kind ein schutzwürdiges Interesse daran hat, zeitnah und effizient einen Vater zu erhalten, vor allem wenn die Mutter vorverstorben ist. Würde das Kind auf das Vaterschaftsfeststellungsverfahren verwiesen und würde sich darin ergeben, dass der anerkennungsbereite Mann aufgrund fehlender biologischer Vaterschaft nicht als Vater festgestellt werden kann, so würde dies der biologischen Wahrheit ein zu großes Argument einräumen. Denn ist die Mutter noch am Leben, wird die leibliche Vaterschaft des Vaters im Anerkennungsverfahren bei Zustimmung der Mutter nicht geprüft.
Die Verfasserin bleibt dabei, dass sie auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg für unzutreffend hält, und vielmehr die Entscheidung des Kammergerichts Berlin den Rechten der Beteiligten näher kommt.
Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob sich der Bundesgerichtshof mit der Frage beschäftigen wird. Das Oberlandesgericht Bamberg hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen. Nach diesseitigem Kenntnisstand wurde die Rechtsbeschwerde auch zum Bundesgerichtshof eingelegt. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht aber noch aus. Sobald es hierzu weitere Neuigkeiten gibt, werden wir in einem weiteren Beitrag berichten.
Momentan gestaltet sich die Angelegenheit insbesondere auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Bamberg demgemäß, dass für eine wirksame Vaterschaftsanerkennung die Zustimmung der Mutter erforderlich ist. Kann diese die Zustimmung nicht mehr erteilen, ist nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Bamberg, des Landgerichts Koblenz sowie des Amtsgerichts Ellwangen eine Vaterschaftsanerkennung nicht möglich mit der Folge, dass man auf ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren bei Gericht verwiesen wird.
UPDATE:
Bitte beachten Sie, dass die dargestellten Entscheidungen und Rechtsmeinungen durch eine neue Entscheidung des Bundesgerichtshofes überholt sind. Wir dürfen insoweit auf die aktualisierte Rechtsprechung, besprochen in unserem Artikel „Vaterschaftsanerkennung auch nach Tod der Kindsmutter möglich“ vom 18.12.2023, verweisen.
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