Neues Urteil zur Vergütung eines Tippgebers

Das Kammergericht Berlin hat sich in dem Urteil vom 12.05.2022, Az.: 10 U 7/21 mit grundsätzlichen Fragen der Vergütung eines Tippgebers auseinandergesetzt.

 

Sachverhalt:

Die Klägerin, eine Genossenschaft zur Übernahme von Bürgschaften und Garantieerklärungen der Abfallwirtschaft, hat mit der Beklagten, einer Generalagentur einer Versicherung, einen von der Beklagten als Formular aus dem Internet heruntergeladenen Tippgebervertrag abgeschlossen, nach welchem die Klägerin als Tippgeberin für jeden Versicherungsvertrag, welcher durch die Tippgebung der Klägerin zustande gekommen ist, eine Vergütung von 48% der Provision der Beklagten erhalten sollte. Die Beklagte, welche von dem vertretenen Versicherungsunternehmer nicht eine Abschluss- und Bestandspflegeprovision, sondern eine laufende Provision erhalten hat, hat der Klägerin deshalb über einen längeren Zeitraum für Verträge, welche mit den von der Klägerin benannten potenziellen Versicherungsnehmern zustande gekommen sind, 48% der eigenen laufenden Provision bezahlt.

Nach den Versicherungsbestimmungen des Versicherungsunternehmens sollte die laufende Provision im 1. Versicherungsjahr als Abgeltung der Abschlussprovision für das erstmalige Zustandekommen des Versicherungsvertrages und ab dem 2. Versicherungsjahr als reine Bestandspflege- bzw. Folgeprovision bezahlt werden.

Der Geschäftsbetrieb der Klägerin wurde zum 19.12.2013 eingestellt. Die Beklagte hat den Tippgebervertrag mit der im Vertrag vorgesehenen Frist von 3 Monaten zum Monatsende zum 30.09.2016 gekündigt und ab diesem Zeitpunkt keine weiteren Zahlungen mehr geleistet.

 

Die Klage:

Die Klägerin hat deshalb eine Klage auf Zahlung einer weiteren Provision und eine Stufenklage auf Auskunft und Zahlung weiterer Provisionen beim Landgericht Berlin erhoben. Das Landgericht Berlin hat mir Teilurteil einen bezifferten Teil der Klage und dem Auskunftsantrag stattgegeben und ausgeführt, dass wegen der Vergütungsregelung der Tippgebervertrag den Charakter eines Maklervertrages hatte und deshalb Zahlungen auch nach der Kündigung des Tippgebervertrages von der Beklagten zu leisten sind.

 

Die Entscheidung des Kammergerichtes:

Die hiergegen von der Beklagten erhobene Berufung zum Kammergericht in Berlin hatte Erfolg, so dass das Ersturteil aufgehoben wurde und die Klage abgewiesen worden ist.

Die fehlende Klarstellung der Provisionsregelung, in welcher nicht ausdrücklich formuliert wurde, dass nur ein prozentualer Anteil an den Abschlussprovisionen bezahlt wird, kann – so das Kammergericht – nicht dazu führen, das Maklerrecht analog auf die Tippgebervergütung anzuwenden. Der Tippgeber, welcher im Gegensatz zum Versicherungsvermittler keiner behördlichen Genehmigung oder Registrierung bedarf und auch keinem Haftungsrisiko ausgesetzt ist, hat gegenüber der Tätigkeit eines Versicherungsvermittlers nur eine untergeordnete Rolle und keinerlei Verpflichtungen (und auch nicht die Berechtigung!) Bestandsbetreuungsleistungen durchzuführen, so dass sich bereits bei einer Auslegung des Vertrages ergibt, dass die Klägerin keinen prozentualen Provisionsanspruch an der Bestandspflege- bzw. Folgeprovisionen ab dem 2. Vertragsjahr hat. Da die Beklagte alleine die Bestandspflege durchgeführt hat, hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf die hierfür von der Versicherung bezahlte Folgeprovision. Eine Abschlussprovision dient alleine als Vergütung für die erstmalige Vermittlung des in Rede stehenden Versicherungsvertrages, während die Bestandspflege- bzw. Folgeprovision überwiegend die Vergütung für die Kundenbetreuung darstellt. Die Tätigkeit der Klägerin war ausschließlich auf den Erfolg des Abschlusses eines Versicherungsvertrages gerichtet und nicht auf die weiteren Betreuungsleistungen des fortdauernden Versicherungsvertrages. Die Klägerin durfte deshalb richtigerweise keine Beteiligung an den Bestands- bzw. Folgeprovisionen erwarten.

Die Tatsache, dass die Beklagte über einen längeren Zeitraum auch die in der laufenden Provision enthaltende Vergütung für die Betreuung der Kunden anteilig bezahlt hat, gibt der Klägerin keinen Anspruch für einen zukünftigen weiteren Zahlungsanspruch, sondern könnte höchstens gegen einen Rückforderungsanspruch der Beklagten eingewandt werden (welcher jedoch tatsächlich von der Beklagten nicht geltend gemacht worden ist).

 

Fazit:

Durch dieses Urteil wird in erfreulicher Deutlichkeit klargestellt, dass die Vergütung eines Tippgebers üblicherweise nur für den Abschluss eines Versicherungsvertrages bezahlt wird.

In der Praxis werden Tippgeber entweder bei Zustandekommen eines Versicherungsvertrages mit einem von dem Tippgeber benannten potenziellen Versicherungsnehmer mit einer einmaligen vertraglich festgelegten Pauschalzahlung vergütet oder mit einem prozentualen Anteil der an dem Versicherungsvertreter bezahlten Abschlussprovision.

Bei einer prozentualen Beteiligung des Tippgebers an der Vergütung des Versicherungsvertreters empfiehlt es sich deshalb in dem Tippgebervertrag ausdrücklich nur eine prozentuale Beteiligung an der Abschlussprovision oder der im 1. Jahr bezahlten laufenden Provision (und nicht nur allgemein an den Provisionen ohne nähere Aufschlüsselung) vertraglich zu vereinbaren.