OLG Dresden: Haftung eines Mehrfachagenten als Anscheinsmakler bei Verletzung von Beratungspflichten

 

In einer jüngeren Entscheidung des OLG Dresden (07.11.2023 – Az. 4 U 54/23) ging es um die Frage der Haftung eines Mehrfachagenten als Anscheinsmakler, sowie einer darüber hinaus gehenden Haftung des Versicherers, für den der Mehrfachagent tätig war.

 

Geklagt hatte ein Bäcker, der nach Beratung durch eine Mehrfachvertretung seine Berufsunfähigkeitsversicherung bei der einen Versicherung gekündigt hat und unter Vermittlung desgleichen Mehrfachagenten eine Grundfähigkeitsversicherung bei einer anderen Versicherung abschloss. Nachdem diese neue Versicherung bestimmte Krankheiten, auf die es dem Kläger ankam, nicht beinhaltete, wurde Schadenersatz begehrt.

 

Das erstinstanzliche Gericht hat eine Verletzung von Beratungspflichten durch den Mehrfachagenten gegenüber dem Versicherungsnehmer und im Ergebnis eine Haftung des Mehrfachagenten als Anscheinsmakler bejaht. Ferner hat das erstinstanzliche Gericht im Wege der Gesamtschuldnerschaft auch den Versicherer, für den der Mehrfachvertreter bei der Vertragsanbahnung des neuen Versicherungsvertrages aufgetreten ist, zum Schadenersatz verurteilt.

 

Das OLG Dresden bestätigte im Ergebnis die Haftung des Mehrfachagenten als Anscheinsmakler und somit das erstinstanzliche Urteil gegenüber dem Mehrfachagenten. Im Hinblick auf den Versicherer hob es die erstinstanzliche Entscheidung hingegen auf und wies die Klage ab.

 

Der Mehrfachagent habe im Rahmen der Beratung nicht ausreichend offengelegt, dass er Mehrfachvertreter, also Versicherungsvertreter sei, so dass zwischen ihm und dem VN ein Versicherungsmaklervertrag geschlossen worden sei. Insofern hafte der Mehrfachvertreter gegenüber dem VN wie ein Versicherungsmakler. Das OLG führte aus, wie in diesem Fall eine ordnungsgemäße Mindestberatung auszusehen gehabt hätte. Nach der Überzeugung des OLG habe der Mehrfachagent eine solche Beratung nicht durchgeführt und der VN so die Kündigung der alten Berufsunfähigkeitsversicherung und den Abschluss der neuen Grundfähigkeitsversicherung vorgenommen, obwohl mit dem neuen Vertrag Krankheiten ausgeschlossen gewesen sind, auf die es dem VN aber gerade ankam. Das OLG ging davon aus, dass der VN bei ordnungsgemäßer Beratung diesen Wechsel seiner Verträge und die damit einhergehende Verschlechterung seines Versicherungsschutzes nicht vorgenommen hätte.

 

Nachdem sich laut OLG etwa auch aus dem Beratungsprotokoll nicht ergeben hätte, dass der Mehrfachagent zu den erforderlichen Punkten beraten hätte, sei er beweisbelastet gewesen, dass eine ausreichende Beratung gerade doch stattfand. Nachdem dies dem Mehragenten zur Überzeugung des OLG nicht gelungen ist, bestätigte es die Schadenersatzverpflichtung des Mehrfachagenten als Anscheinsmakler.

 

Bezüglich des Versicherers, für den der Mehrfachagent die Beratung und Vermittlung zum neuen Produkt vorgenommen hat und mit dem der VN schließlich den neuen Versicherungsvertrag geschlossen hat, verneinte das OLG eine daneben bestehende Haftung auch von diesem gegenüber dem VN.

 

Das OLG ließ dabei die grundsätzliche Frage, ob die Haftung eines Vertreters als Anscheinsmakler überhaupt dem vertretenen Versicherer zugerechnet werden könne, offen. Denn kam es für den zugrunde liegenden Fall zu dem Schluss, dass jedenfalls für Pflichtverletzungen eines Mehrfachagenten in der Vertragsanbahnungsphase noch keine Haftungsweiterung auf die Versicherer erfolgen könne. Andernfalls wären sämtliche Versicherer, mit denen der Mehrfachagent zusammenarbeite, für Verfehlungen in der Anbahnungsphase in der Haftung und schadenersatzpflichtig, was nicht sachgerecht erscheine. Pflichtverletzungen eines Mehrfachvertreters in diesem Stadium können somit nach Ansicht des OLG keine daneben bestehende Haftung auch des vertretenen Versicherers nach sich ziehen.