In den Blogbeiträgen „Keine Vaterschaftsanerkennung nach dem Tod der Kindsmutter“ vom 24.07.2023 und „Schwierigkeiten bei der Nachbeurkundung oder Ergänzung des Geburtenregisters“ vom 17.04.2023 hatten wir Ihnen davon berichtet, dass sich viele Gerichte weigern, ohne Zustimmung der Kindsmutter einen Vater nach Vaterschaftsanerkennung ins Geburtenregister einzutragen.
Zuletzt hatten wir von der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Bamberg vom 26.01.2023 berichtet, welches nach dem Tod der leiblichen Mutter die Vaterschaftsanerkennung für unmöglich erklärt hatte. Glücklicherweise wurde diese Entscheidung des Oberlandesgerichtes Bamberg nunmehr vom Bundesgerichtshof überprüft und aufgehoben.
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung mit Beschluss vom 30.08.2023 (Az. XII ZB 48/23) nunmehr festgestellt, dass mit dem Tode der Kindsmutter das Zustimmungserfordernis der Kindsmutter nach § 1595 Abs. 1 BGB entfällt. Wenn die Kindsmutter im Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung bereits verstorben ist, bedarf es entgegen des Wortlautes des Gesetzes der Zustimmung der Kindsmutter nicht mehr, sondern ausschließlich der Zustimmung des Kindes nach § 1595 Abs. 2 BGB bzw. die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters für ein geschäftsunfähiges Kind gemäß § 1596 Abs. 2 S. 1 BGB.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist begrüßenswert. Dank der Entscheidung des Bundesgerichtshofes bedarf es nun nicht mehr eines gerichtlichen Vaterschaftsfeststellungsverfahrens, sondern es reicht der Antrag beim Standesamt auf Eintragung des Vaters im Personenstandsregister nach entsprechender Anerkennung der Vaterschaft und Korrektur des Geburtenregisters. Hierdurch werden den Beteiligten nicht nur Kosten erspart, sondern das Verfahren auch deutlich beschleunigt.
Sowohl das Oberlandesgericht Bamberg, das Landgericht Koblenz als auch das Amtsgericht Ellwangen und das Amtsgericht Schweinfurt hatten bislang die Eintragung des Vaters in die Geburtsurkunde abgelehnt und die Beteiligten auf das Vaterschaftsfeststellungsverfahren verwiesen.
Der Bundesgerichtshof hat sich mit seiner Entscheidung der Rechtsmeinung des Kammergerichts Berlin aus 2017 angeschlossen.
Die Verfasserin hatte in den oben genannten Blogbeiträgen die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Bamberg, des Amtsgericht Ellwangen und des Landgerichts Koblenz kritisiert. Es ist daher begrüßenswert, dass nunmehr eine höchstrichterliche Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof vorliegt, die insbesondere die Vaterschaftsanerkennung nach dem Tod der Kindsmutter vereinfacht.
Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass mit dem Tod der Kindsmutter das Zustimmungserfordernis der Kindsmutter gemäß § 1595 Abs. 1 BGB für eine Vaterschaftsanerkennung entfällt. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes, allerdings aus einer am Zweck der Vorschrift orientierten Auslegung der Vorschrift. Das Zustimmungserfordernis wird nach dem Tod der Kindsmutter entbehrlich, weil die Kindsmutter ihre Rechte, insbesondere das Umgangsrecht, nicht mehr ausüben kann. Hinzu kommt weiter, dass das Zustimmungserfordernis für Mutter und Kind vermeiden soll, dass diese sich einen Vater aufdrängen lassen müssen. Das Kind ist weiterhin geschützt, weil es die Zustimmung versagen kann, die Mutter hat insoweit ihre Kontrollfunktion durch den Tod verloren. Abschließend hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass auch das Interesse an einer effizienten und zeitnahen Möglichkeit einen rechtlichen Vater zu erhalten, für den Entfall der Zustimmung der toten Kindsmutter spricht.
Die Anerkennung der Vaterschaft ist damit auch nach dem Tod der Kindsmutter möglich. Auch im Falle des Todes des Kindes kann die Vaterschaftsanerkennung durchgeführt werden, da in diesem Fall lediglich die Voraussetzung der Zustimmung des Kindes entfällt. Lediglich in den Fällen des Todes des Kindsvaters vor Abgabe einer Anerkennungserklärung wird nunmehr zwingend ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren durchzuführen sein oder aber wenn das Kind die Zustimmung ablehnt.
Durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes wird nunmehr die Möglichkeit eröffnet, durch Vaterschaftsanerkennung anstatt der schwierigen Volljährigenadoption erbrechtliche Gestaltungsspielräume zu öffnen.
Wir helfen und beraten Sie gerne. Schreiben Sie uns eine Email über kanzlei@heinicke-eggebrecht.de oder rufen Sie uns an unter +49(0)89 552261-0.
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