Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 20.11.2020, 89 O 21/20, eine Entscheidung zu der Frage getroffen, was für die Ursächlichkeit eines wichtigen Grundes für eine fristlose Unternehmerkündigung des Handelsvertretervertrages nötig ist und ob dies auch zum Ausschluss des Handelsvertreterausgleichsanspruches führt.
In dem zu entscheidenden Fall wurde der Versicherungsvertreter insolvent und es folgte eine fristlose Kündigung des Vertrages durch die Versicherung. Der Insolvenzverwalter des Vertreters kündigte fristlos gegen und machte dessen Ausgleichsanspruch geltend. Erst später erfuhr die Versicherung davon, dass der Vertreter auch wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden war, bevor die Kündigungen ausgesprochen wurden.
Das Landgericht Köln hat in seinem Urteil die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung durch die Versicherung bestätigt, die alleine deshalb gegeben war, weil der Vertreter zahlungsunfähig war und sich in ungeordneten finanziellen Verhältnissen befand. Auf die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung kam es dann nicht mehr an, gleichwohl macht das Landgericht klar, dass die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung (89a Abs. 1 HGB) auch auf Tatsachen gestützt werden kann, die im Zeitpunkt des Kündigungsausspruches vorlagen, die das kündigende Unternehmen aber noch nicht kannte. Die Versicherung hätte also die Wirksamkeit ihrer fristlosen Kündigung grundsätzlich auch mit der objektiv vorliegenden Verurteilung des Vertreters begründen können.
Allerdings führt dies nicht zum Ausschluss des Ausgleichsanspruches des Vertreters. Denn § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB lautet wie folgt:
Der (Ausgleichs-) Anspruch besteht nicht, wenn…
- der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder…“
Bei richtlinienkonformer Auslegung ist besonders auf die in der Formulierung enthaltene Kausalität zwischen dem Vorliegen eines wichtigen Grundes und dem Ausschluss des Ausgleichsanspruches zu achten.
Das Gericht hierzu in den Urteilsgründen:
„Anders als für die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung erfordert der Ausschluss des Ausgleichsanspruches nach 89b Abs. 3 HGB in richtlinienkonformer Auslegung, dass der wichtige Grund ursächlich für die Kündigung gewesen ist. Daraus ergibt sich, dass anders als bei der Frage der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, bei der- wie oben ausgeführt auch Umstände berücksichtigt werden können, die der Kündigende im Zeitpunkt der Kündigung nicht kannte, die aber in diesem Zeitpunkt vorlagen-im Rahmen des § 89b Abs. 3 HGB nur solche Umstände berücksichtigt werden dürfen, die den kündigenden, hier also der Beklagten, im Zeitpunkt der Kündigung bekannt waren und ihn zur Kündigung veranlasst haben. Es können daher, anders als bei der Frage der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung, die keine Kündigungsgründe, die erst nach der Kündigungserklärung bekannt geworden sind, nachgeschoben werden.“
Im Ergebnis kürzte das Gericht dann den Ausgleichsanspruch allerdings um 1/4, was im Rahmen der Billigkeitserwägungen in einem solchen Fall dennoch möglich ist. Im Ergebnis ist aber festzuhalten, dass der Vertreter einen erheblichen Ausgleichsanspruch erhielt, obwohl eine wirksame fristlose Kündigung vorlag.
Diese Entscheidung ist daher von großer Bedeutung für die Praxis und rückt die weit verbreitete Meinung gerade, bei Vorliegen einer wirksamen fristlosen Kündigung durch das Unternehmen entfiele auch immer der Ausgleichsanspruch. Dem ist also nicht so, es ist immer exakt hinsichtlich dieser beiden unterschiedlichen Kausalität in zu differenzieren.
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Rechtsanwalt Bernd Schleicher